Grundsätze der ÖGwA

Allgemeine Grundsätze über die praktische Anwendung von ätherischen Ölen

1.
Die Geschichte der ätherischen Öle begann vor rund 5000 Jahren, als in Asien und Arabien Geräte für die Wasserdampfdestillation erfunden wurden. Praktisch alle Hochkulturen verwendeten ätherische Öle zur Gesundheitsförderung, Behandlung und zum Wohlfühlen. Indianische Stämme arbeiten gemäß ihrer Tradition mit Heilpflanzen. Es gehört jedoch nicht zu ihrer Tradition ätherische Öle herzustellen oder mit ätherischen Ölen zu arbeiten.
2.
Die Anwendung starker ätherischer Öle in hoch dosierter Form ist unserer Meinung nach nicht Wellness, sondern eine medizinische Anwendung, die ausschließlich Ärzten vorbehalten sollte und auch Nebenwirkungen mit sich bringen kann.
3.
In der Rückenmuskulatur kann es durch Fehlhaltung, Überlastung und Abnützung der Wirbelsäule zu erhöhtem Muskeltonus mit Verkürzung kommen. Ein Circulus vitiosus führt ohne adäquate Therapie zu Schmerzen und Chronifizierung. Im Bereich
der Rückenmuskulatur nisten sich jedoch keine Parasiten, Viren, Bakterien oder Pilze ein, die pathophysiologisch für das Volksleiden „Rückenschmerzen“ verantwortlich gemacht werden können (1).
Natürlich gibt es auch im Bereich der Wirbelsäule und Rückenmuskulatur die Möglichkeit der Entwicklung von Abszessen oder anderen Infektionen, die jedoch antimikrobiell und eventuell auch chirurgisch behandelt werden.
4.
Ätherische Öle wirken sowohl am Ort der Anwendung mit ihrer gesamten Wirkungsvielfalt als auch systemisch durch Verteilung über die Blutbahn einschließlich Überwindung der Blut/Hirn-Schranke. Die direkte pharmakologische
Wirkung dauert maximal einige Stunden an (2).
5.
Die Aromatherapie im Sinne der Behandlung von Krankheiten ist ÄrztInnen vorbehalten, die zusätzlich ausreichende theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrung in „Medizinischer Aromatherapie“ erworben haben sollten.
6.
Rückenspezialisten für PatientInnen sind in erster Linie ÄrztInnen, die jedoch mit ExpertInnen aus anderen Gesundheits- und Heilberufen zusammenarbeiten können.
7.
Die aktuelle deutschsprachige Lehrmeinung empfiehlt für Anwendungen im Rahmen der Körperpflege, in der Aromapflege und für prophylaktische Anwendungen eine Konzentration von maximal 3%. In den meisten Fällen ist eine Anwendung im Bereich von 1 bis 1,5% ausreichend (3,4).
Die pure Anwendung ätherischer Öle als Standardmaßnahme wird von der aktuellen Lehrmeinung nicht empfohlen.
Eine entsprechende Verdünnung von ätherischen Ölen mit fetten Pflanzenölen führt zu einer Verbesserung der Aufnahme in Zellen und Gewebe sowie des Regulationsprozesses (5).
„Schwache Reize fachen die Lebenstätigkeit an, mittlere Reize fördern sie, starke Reize heben sie auf oder führen sogar zum Zelltod.“ (Arndt-Schulze Regel) (6).
8.
Die ÖGwA empfiehlt, ätherische Öle nie pur auf die Zunge zu applizieren oder pur oral einzunehmen. Die Verordnung einer oralen Einnahme in geeigneter Form bleibt ÄrztInnen vorbehalten (7).
9.
Durch die Anwendung ätherischer Öle in hoch dosierter Form können Hautreizungen auftreten. Im Fall von Thymian, Oregano und Wintergrün ist dies auch in der Literatur deutlich beschrieben. Hautrötungen durch ätherische Öle sind in der Regel ein
Zeichen für Allergie, Unverträglichkeit, Überdosierung oder schlechter Ölqualität.
Personen mit empfindlicher Haut, Kinder und ältere Menschen können aufgrund zu hoher Dosierung ernste gesundheitliche Probleme bekommen. „Alle Dinge’ sind Gift und nichts ohne’ Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist.“
(Theophrastus Bombast von Hohenheim, ehrenhalber Paracelsus genannt).
Die Dosierung von ätherischen Ölen erfolgt nach dem Grundsatz „weniger ist mehr“, unter Berücksichtigung der individuellen Empfindlichkeit und nach den gültigen Regeln der „good clinical practice“. Für den Schaden haftet primär der Anwender (3,4,7).
10.
AnwenderInnen bzw. Masseure nehmen bei Überdosierungen über die Haut und Atmung ebenfalls eine hohe Dosis ätherischer Öle pro Behandlung auf. Dieser Umstand wird durch eine hohe Massagefrequenz noch verschärft.
11.
Die Anwendung einer feuchtheißen Kompresse verstärkt das Eindringen der Öle und das Risiko einer Hautschädigung durch zu hoch dosierte potentiell irritativ wirkende ätherische Öle. Die feuchtheiße Kompresse ist eine Anwendung, bei der auch
Ausschlusskriterien zu beachten sind. So ist sie z. B. bei Fieber, älteren Menschen, Kreislauf-instabilen Menschen und Kindern kontraindiziert (8).
12.
Ohne ausreichende Kenntnisse im Bereich der Anatomie, Physiologie des Menschen, Hygiene, Wirkungsweisen der ätherischen Öle, möglicher Neben- und Wechselwirkungen sollte die Anwendung der ätherischen Öle für gewerbliche Zwecke unterbleiben. Erst nach entsprechender Fort- und Weiterbildung zum Thema „Aromapflege“ durch eine Pflegefachkraft und Zustimmung der kollegialen Führung und des Rechtsträgers ist die Anwendung von ätherischen Ölen in der professionellen Gesundheits- und Krankenpflege vertretbar.
13.
In Österreich sind mehrere Firmen mit ätherischen Ölen von ausgezeichneter Qualität am Markt, die auf dem Etikett gemäß der EU-Richtlinie alle notwendigen Informationen und Warnhinweise angeben. Auf ökologischen und sozial verträglichen
Anbau und umweltfreundliche Gewinnung und Verarbeitung sowie fairen Wettbewerb und Preisgestaltung sollte Wert gelegt werden.
14.
Wir appellieren an das Verantwortungsbewusstsein aller Anwender, sowohl jener, die ätherische Öle beruflich einsetzen, als auch jener, die ätherische Öle für den Hausgebrauch verwenden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass beim Auftreten von
Pannen auf Grund von Überdosierungen bzw. Fehlanwendung die Schuld als erstes den ätherischen Ölen zugeschrieben wird. Deswegen sehen wir uns als Vorstand der ÖGwA veranlasst, Stellung zu beziehen und auf Gefahrenpotentiale hinzuweisen.
Literatur und Quellen:
(1) http://www.medunigraz.at/orthopaedie/daten/Patienteninfo_Rueckenschmerz.pdf
(2) Gerhard Buchbauer, Eva Heuberger et al.: diverse wissenschaftliche Untersuchungen, Universität
Wien, Dept. für Klinische Pharmazie und Diagnostik
(3) Eliane Zimmermann: Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe, Sonntag Verlag, 2006
(4) Monika Werner, Ruth von Braunschweig: Praxis Aromatherapie: Grundlagen, Steckbriefe,
Indikationen; Karl F. Haug Verlag, 2006
(5) Ruth von Braunschweig: Pflanzenöle – Qualität, Anwendung und Wirkung; Stadelmann Verlag, 2007
(6) Bärbl Buchmayr, Evelyn Deutsch, Marlene Fink: Aromapflege Handbuch – Leitfaden für den Einsatz
ätherischer Öle in Gesundheits-, Krankenpflege- und Sozialberufen; Verlag Grasl, 2007
(7) Steflitsch W, Wolz D, Buchbauer G, Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis, 2013, Stadelmann Verlag, ISBN 978-3-9811304-6-1
(8) Persönliche Informationen von Wickelexpertin DKKS Bärbl Buchmayr, 2010

 

Der Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für
wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege
(ÖGwA)

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