(von Iris Stappen)
Vom 9.-11. September 2019 jährte sich das ISEO zum 50sten Mal. Die Jubiläumsveranstaltung fand auf der Veterinärmedizinischen Universität in Wien statt. Organisiert wurde sie von Johannes Novak (Institut für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe) in Kooperation mit Iris Stappen (Dpt für Pharmazeutische Chemie, Universität Wien). Den gut 200 Teilnehmerinnen aus allen Kontinenten wurde ein ausgesprochen interessantes und abwechslungsreiches Programm geboten, das neben 28 Vorträgen und rund 140 Posterpräsentationen auch einen Workshop und eine Podiumsdiskussion über die Zukunft der Forschung über ätherische Öle (ÄÖ) beinhaltete. Die sechs interdisziplinären Themengebiete wurden jeweils von Plenarvortragenden aus Deutschland, Frankreich, Südafrika, Serbien, Italien und den Niederlanden eingeleitet und beinhalteten die ÄÖ-Industrie, Analytik, Chemie sowie die antimikrobielle Wirkung von ÄÖ, ihre Verwendung in der Veterinärmedizin und ihre eigentliche Bestimmung in den Pflanzen. Bereits am Vorabend fand im Rahmen der Willkommens-Veranstaltung ein Konzert des Marc Aurel Quartetts statt und Carlo Bicchi (Universität Turin, Italien) hielt den Festvortrag, in dem er die Multidisziplinarität der ÄÖ-Forschung hervorhob. Des Weiteren wurde zum ersten Mal die „ISEO Medal of Honor“ verliehen, die eigens von einem Künstler entworfen wurde. Sie war für Jan Karlsen (Universität Oslo, Norwegen) bestimmt, einen der vier Gründerväter des ISEO vor 50 Jahren. Das Schicksal wollte es anders und Jan verstarb unerwartet im Frühling, während der Planung dieses ISEOs wo eigentlich er den Festvortag hätte halten sollen! Ihm zu Ehren reiste seine Witwe mit den Töchtern, Schwiegersohn und zwei Enkelkindern an, um für Jan posthum die Auszeichnung in einer bewegenden Zeremonie entgegenzunehmen. Hier zeigte sich wieder deutlich, dass die ISEO-Community als „wissenschaftliche Familie“ angesehen werden kann, was während der Veranstaltung immer wieder betont wurde.
Eröffnet wurde das Symposium mit einem Plenarvortrag von Eva Heuberger (Forum Essenzia, Deutschland) zum Thema „Essential oils: from marketing to psychopharmacology“ in dem der Zusammenhang zwischen Duft-Marketing, wie es eingesetzt wird und warum es funktioniert erläutert wurde. Eva Heuberger ging dabei besonders auf die Mechanismen ein, mit denen Duftstoffe auf uns Menschen wirken. Einen weiteren industriellen Aspekt von ÄÖ lieferte u.a. Antonello Paparello (Universität Teramo, Italien), der berichtete, wie man mit dem ÄÖ von Cinnamomum zeylanicum Salat länger haltbar machen kann, da es gegen verschiedene Salmonella-Stämme aktiv war. Das dafür verwendete Öl hatte auch einen positiven Effekt auf die Farbstoffe: durch Hemmung der Polyphenoloxidase blieb der Salat länger grün.
Michel Meneuvrier (Robertet, Frankreich) demonstrierte eindrucksvoll, wie in den letzten Jahrzehnten die Wasserdampfdestillation verbessert und somit Energie sowie Kühlwasser eingespart werden konnten. Er zeigte verschiedene mobile Destillen, die direkt auf den Feldern, unmittelbar nach der Ernte, mit der Produktion der Öle beginnen. Besonders stolz waren die Veranstalter, dass es ihnen gelungen war, einen Vertreter der IFEAT (International Federation of Essential Oils and Aroma Trade) für einen Vortrag einzuladen. Wladyslaw Brud (Polen) sprach über „Industrial uses versus scientific research on essential oils“ und ließ seinen Unmut darüber erkennen, wie sehr verschiedene EU-Gremien der ÄÖ-Industrie das Leben mit Verordnungen, Einschränkungen etc (unnötigerweise) schwer machen.
Sandy Van Vuuren (Universität Witwatersrand, Südafrika) berichtete über die hohe antimikrobielle Aktivität verschiedener ÄÖ Mischungen. Die Kombination der Inhaltsstoffe wiesen sehr oft additive oder synergistische Wirkungen gegen verschiedene Keime auf, die z.B. Hautkrankheiten oder Lungenerkrankungen hervorrufen. Sie erläuterte, wie sie das aktivste Mischverhältnis eruierte und welche Mischungen am besten gegen spezielle Keime wirkten. Wie schon vor zwei Jahren wies Sandy Van Vuuren erneut darauf hin, dass Avocado-Öl als Trägeröl selbst synergistisch aktiv war.
Aus den USA folgte Nurhayat Tabanca (USDA-ARS-SHRS, Florida) der Einladung und berichtete über die Lock-Wirkung von Teebaumöl auf eine Fruchtfliegen-Art, die weltweit großen ökonomischen Schaden in der Lebensmittelindustrie verursacht. Dafür zerlegte sie das Öl in mehrere Fraktionen und ermittelte diejenigen, die die Männchen dieser Fliegen-Art am stärksten anlockten. Es sollen nun weitere Analysen durchgeführt werden, um die Inhaltsstoffe dieser aktiven Fraktionen zu ermitteln damit sie als „natürliche“ Fliegenfallen eingesetzt werden können.
Weitere Kurzvorträge sowie eine große Anzahl an Postern präsentierten antimikrobielle Aktivitäten verschiedener ÄÖ sowie ihre Potenz als Repellent. So wurde in einem Poster beschrieben, wie das ÄÖ von Origanum vulgare ab einer Konzentration von 1,25 ml/ml die Biofilm-Bildungsfähigkeit von Pseudomonas fluorescens verringern konnte.
Ein ausgesprochen faszinierender Plenarvortrag kam von Ivana Bonaccorsi (Universität Messina, Italien) über die Authentifizierung von ÄÖ. Dies ist auch in der Lebensmittelindustrie ein Thema, denn man möchte gerne wissen, ob die „inländischen“ Äpfel nicht doch aus Spanien oder Südafrika stammen. Bei den ÄÖ ist das genauso und Ivana Bonaccorsi stellte Methoden vor, die mit 14 C oder 13 C 1-Messungen arbeiten um so die Genuinität der Öle nachweisen zu können. Zu diesem Thema gab es auch ein Poster aus Frankreich, das mit einem Poster-Preis ausgezeichnet wurde.
Ein Nachmittag stand im Zeichen der jungen Wissenschaftler. Wie bereits in den letzten Jahren unterstützte die IFEAT 20 von einem Gremium der Veranstalter ausgewählte „Young Scientists“, indem sie für den Kongressbeitrag dieser Personen aufkam. Aufgrund der großen Zahl eingereichter Arbeiten entschied sich das Veranstaltungs-Komitee, noch fünf weitere Wissenschaftlerinnen mit diesem Grant auszuzeichnen. In sieben Vorträgen und 18 Postern präsentierten sie ihre Arbeiten auf unterschiedlichsten Gebieten der ÄÖ-Forschung. Passend dazu gab es eine Podiumsdiskussion, geführt von Alain Chaintreau (Flavour and Fragrance Journal) mit dem Thema „The survival of essential oils calls for a revolution!“, die rege Beteiligung unter den Teilnehmern fand.
Am letzten Tag begeisterten Johanna Fink-Gremmels (Universität Utrecht, Niederlande) und Massimo Maffei (Universität Torino, Italien) mit ihren Plenarvorträgen. Erstere zog Parallelen von der Anwendung von ÄÖ in der Veterinärmedizin zur Humanmedizin. Massimo Maffei wiederum erzählte in „Plant volatiles: the language of plants“ spannende Geschichten über die Aufgaben von ÄÖ in der Pflanze und wie diese sich mithilfe dieser hoch aktiven sekundären Pflanzenstoffe vor Schädlingen schützt indem sie zum Beispiel durch ihren Duft Feinde dieser Schädlinge anlockt und wie Pflanzen durch die Produktion flüchtiger Verbindungen untereinander kommunizieren. Er wies darauf hin, dass wir daraus Wichtiges über ÄÖ lernen können. Klaus Teichmann (Biomin Research Center, Österreich) berichtete in einem Kurzvortrag über die Zugabe von ÄÖ in Tierfutter um in der Tierhaltung Antibiotika zu reduzieren.
Zwei Wissenschaftler brachten es in ihren (Plenar-)Vorträgen auf den Punkt: Niko Radulovic (Universität Nis, Serbien) und Adam Feyaerts (Katholische Universität Leuven, Belgien) wiesen in „Essential oils are a gold mine for an organic/medical chemist“ und „Essential oils: A largely unexplored source of potentially novel medicins“ auf den wahren Schatz an hochaktiven Substanzen in den ÄÖ hin, der noch lange nicht ausgeschöpft ist und es weiterer Untersuchungen bedarf um in Zeiten der z.B. zunehmenden Antibiotika-Resistenzen neue Arzneimittel zu kreieren.
Die Veranstalter bedanken sich bei den zahlreichen Sponsoren des ISEO für ihre großzügige Unterstützung. Unter diesen waren neben den österreichischen Firmen Biomin und Brüder Unterweger GmbH auch die ÖGwA sowie das Forum Essenzia. Die beiden Gesellschaften waren personell vertreten durch Gerda Dorfinger, Barbara Nasel, Gerhard Buchbauer (Senior Advisor) und Iris Stappen (Veranstalter) (ÖGwA), sowie Eva Heuberger und Gabi Fernsebner (Forum Essenzia).
Nachsatz: Das 51. ISEO findet von 6. – 9. September 2020 in Nikosia/Zypern statt. Veranstaltet wird es von Prof. Hüsnü Can Baser (Near East University, Türkei) und Prof. Fatih Demirici (Universität Eskisehir, Türkei).