Wolfgang Steflitsch (2024) https://doi.org/10.1007/s12326-024-00666-6
Einleitung von Iris Stappen
Der Nutzen und die vielen positiven Eigenschaften (psychologisch, pharmakologisch und biologisch) ätherischer Öle sind weitreichend bekannt und diese Naturstoffe sind aus dem Aromapflege-Alltag nicht mehr wegzudenken. In den 1980er Jahren wurden sie als Heilmittel noch belächelt und ihre Verwendung als esoterischer Unfug abgetan. Heute erfährt ihre professionelle Anwendung im Rahmen der Aromapflege und -therapie auch in pharmazeutischen und medizinischen Fachkreisen zunehmend Anerkennung. Seit der 1990er Jahre werden die klinischen Meriten der Medizinischen Aromatherapie in wissenschaftlichen Arbeiten der Grundlagenforschung und mit klinischen Studien in ansprechendem Niveau publiziert sowie in wissenschaftlich orientierten Fachbüchern, z. B. Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis (Stadelmann Verlag 2021), beschrieben. Es zählt aber auch zur Sicherheit und Zuverlässigkeit der Anwendung von ätherischen Ölen, dass sich Wissenschaftler*innen und Expert*innen den möglichen unerwünschten Nebenwirkungen dieser wertvollen Naturstoffe widmen. Dazu zählen bei einigen Ölen auch bei niedriger Dosierung bzw. Konzentration Sensibilisierung und Allergie. Es muss nämlich bedacht werden, dass es sich dabei um hochkonzentrierte, hoch-aktive Substanzmischungen handelt.
Untersucht wird das allergene Potential (Typ IV-Allergie oder „zellulär vermittelte Spättypallergie“) von ätherischen Ölen und Duftstoffen mittels so genannter Patch-Tests auf der Haut, wobei als Proband*innen zumeist jene Personen herangezogen werden, die bereits in Verdacht stehen, anfällig für eine Kontaktdermatitis zu sein bzw eine Typ IV-Allergie aufzuweisen. Selbst bei dieser Personengruppe betrug das Risiko einer positiven Reaktion auf einige ätherische Öle nur 1-2%. Andererseits reagierten in einer repräsentativen Untersuchung der erwachsenen deutschen Normalbevölkerung (n = 1141) 2,5% im Patch-Test positiv auf den Einzelstoff Terpentin.
Patch-Tests werden aber zumeist nicht mit ätherischen Ölen, sondern mit standardisierten Duftstoff-Mixen durchgeführt, die aus verschiedenen synthetischen Einzelsubstanzen bestehen. Abgesehen davon, dass sie nicht die Aktivität eines ätherischen Öls repräsentieren, wird die Bedeutung der Test-Ergebnisse zusehends von Hochschul-Dermatolog*innen angezweifelt, da z.B. die Reinheit dieser Substanzen nicht nachgewiesen wurde und eventuell Verunreinigungen die Ursache der Reizungen sein könnten.
Betrachtet man die Inhaltsstoffe ätherischer Öle, treten unter anderen Isoeugenol, Geraniol, Eugenol, Farnesol, Citral und Zimtalkohol als potenzielle Allergene in Erscheinung. Zudem handelt es sich bei ätherischen Ölen um Naturprodukte, was bedeutet, dass die chemische Zusammensetzung von Charge zu Charge gewaltig schwankt, und was bei der korrekten Verwendung berücksichtigt werden muss. Zusätzlich haben sie unterschiedliche Anwendungen: Pur können sie in Aromalampen z.B. bei der Aromatherapie im medizinischen Setting Anwendung finden. Dabei besteht oft nur geringe Gefahr von Fehlanwendung. Diese nicht verdünnten Öle können aber bei der puren Anwendung an der Haut irritativ-toxisch sein. Oxidationsprodukte ätherischer Öle haben ihrerseits ein hohes Sensibilisierungs-Potenzial, weshalb auf die korrekte Lagerung (kalt gepresste Zitrusöle!) geachtet werden muss.
Es gibt aber auch Untersuchungen, in denen ätherische Öle einerseits eine allergische Reaktion aufheben können (Quenching), andererseits anti-allergenen Charakter aufweisen.
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